Was ist eigentlich unter dem Begriff „Latinum“ zu verstehen? Latinum ist die Kurzform für „examen Latinum“, also „Lateinische Prüfung“. Allgemein versteht man unter „Latinum“ den Kenntnisstand, den ein Schüler nach einem Lateinunterricht bestimmten Umfangs haben sollte.

Früher unterschied man nur „Kleines Latinum“ und „Großes Latinum“. „Kleines Latinum“ bedeutete hauptsächlich Kenntnisse auf dem Niveau „Caesar, Bellum Gallicum“, beim „Großen Latinum“ waren die Ansprüche sehr viel höher. Meistens bezog sich hier die Prüfung auf die philosophischen bzw. staatstheoretischen Schriften Ciceros, in nicht wenigen Fällen auf römische Poesie. Vor allem wurde Vergil gelesen. Dessen Aeneis spielt u.a. bei den Latinumsprüfungen in der Schweiz auch heute noch eine bedeutende Rolle.

Derzeit ist das Thema „Latinum“ völlig verworren. Jedes Bundesland, ja sogar beinahe jede Universität kocht hier ihr eigenes Süppchen. Man unterscheidet heute folgende Latinumsformen:

• Lateinkenntnisse
• Latinum
• Kleines Latinum
• Großes Latinum (Hinweis beachten!)

Lateinkenntnisse:

Einige Bundesländer haben schon vor Jahren den Begriff „Latinum“ abgeschafft und sprechen nur noch von „Lateinkenntnissen“. Die Anforderungen sind jedoch an fast jeder Uni verschieden. Teilweise liegen die „Lateinkenntnisse“ auf dem Niveau des „Kleinen Latinum“; in nicht wenigen Fällen jedoch sehr viel höher.

Kleines Latinum:
Lateinkenntnisse, die sich früher im Bereich „Caesar, Bellum Gallicum“ bewegten, heute aber eher im Bereich „Cicero, Reden“ anzusiedeln sind. Einige Universitäten setzen ein höheres Niveau voraus.

Latinum:
Verschiedenen Institutionen schien der Begriff „Kleines Latinum“ zu minderwertig. Getreu dem Motto „Mehr scheinen als sein“ wurde er abgeschafft und durch den allgemeinen Begriff „Latinum“ ersetzt. Die Anforderungen blieben jedoch fast immer gleich.

Großes Latinum:
Lateinkenntnisse mit erheblich höherem Niveau und strengeren Prüfungen als beim „Kleinen Latinum“. Das Große Latinum wird nicht ohne Grund hier erwähnt. Das Latinum ist definitiv nicht abgeschafft und wird innerhalb der Universitäten für eine ganze Reihe Studiengänge (auch Masterstudiengänge) weiterhin verwendet. Entsprechend werden zur Vorbereitung oft Universitätskurse oder bei Privateinrichtungen entsprechende Veranstaltungen angeboten.

Die Tendenz geht derzeit dahin, Latinum und Großes Latinum zusammenzulegen und nur noch als Latinum zu bezeichnen. Die Anforderungen sind dann aber meistens deutlich höher als beim früheren Latinum/Kleinen Latinum.

Aktuelles Beispiel: Baden-Württemberg

Anforderungen beim Latinum bis vor einiger Zeit: Hauptsächlich Ciceros Reden gegen Verres. Aktuelle Anforderungen: Auch wieder Cicero, aber nun seine Rede "De imperio Cn. Pompei", die bekannten Reden gegen Verres und die Reden gegen Catilina. Achtung: In nächster Zeit gibt es Änderungen bei den Autoren in Baden-Württemberg. Diese werden in nächster Zeit hier eingearbeitet! (Stand: 20.08.2014)

Anforderungen:

Es ist fast unmöglich, zu den Anforderungen generell etwas zu sagen. Man kann allerdings festhalten, dass beim „Kleinen Latinum“ in Deutschland fast keine Caesar-Kenntnisse mehr verlangt werden. Der Grund: Hauptsächlich Änderungen im Bereich der Lehrpläne. Meistens werden Cicero-Reden bearbeitet, es können jedoch aber auch andere Autoren verwendet werden.

Beim „Großen Latinum“ liegt das Hauptaugenmerk auf den Themen Staatstheorie und Römische Philosophie (Cicero, De finibus, De officiis, De re publica, Laelius de amicitia). In einigen Fällen werden Seneca-Kenntnisse verlangt (Epistulae morales ad Lucilium.)

Es ist deutlich zu erkennen, welches Durcheinander im Bereich des „Latinum“ heute herrscht. Daran haben weder die ausgezeichnete Arbeit einer schon vor Jahren eingesetzten Kommission des Deutschen Altphilologenverbandes, noch Vereinbarungen der Kultusminister etwas geändert. Bitte klicken Sie hier, um zum Artikel "Latinum - Für welche Studienfächer?" zu gelangen.

   
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