Die Meinung der anwesenden Wissenschaftler war eindeutig: Was da heute (Dienstag, 18. Februar 2014) unter der Leitung von Landesarchäologe Axel von Berg in Mainz der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, ist einmalig. Die Archäologen der Generaldirektion Kulturelles Erbe präsentierten den Journalisten einen spektakulären Barbarenschatz, der vermutlich aus dem 5. Jahrhundert nach Christus stammt. Altertumswissenschaftler sind gewöhnlich eher zurückhaltend, während der Präsentation war jedoch mehrfach von einem Jahrhundertfund die Rede.

Der Schatz umfasst unter anderem einen Silberteller, eine kostbare, eindeutig aus dem osteuropäischen Raum stammende und deshalb besonders interessante Silberschale, goldene Schmuckstücke, die nach Auffassung der Archäologen ganz offenbar von einem Gewand stammen, das "zeremonieller Natur" gewesen sein muss, kleinere Statuen und die Fragmente eines versilberten und vergoldeten Klappstuhls. Die Wissenschaftler sind sich sehr sicher, dass die Gegenstände, zu denen einiges andere mehr gehört, einem hohen Würdenträger, eventuell einem Fürsten oder hohen Beamten gehört haben müssen. Eventuell handelt es sich um die Beute vagabundierender Germanengruppen.

In diesem Fall war es kein Archäologe, sondern ein polizeibekannter Raubgräber, der den spektakulären Fund bei Rülzheim (Rheinland-Pfalz) gemacht hatte. Die Funde wurden nur nach massivem Druck der Behörden herausgegeben und es sieht so aus, als wären Teile verschwunden. Für die Wissenschaftler katastrophal ist die Tatsache, dass der Fundort komplett zerstört wurde und der Fund somit nicht mehr in seinen historisch-archäologischen Kontext eingeordnet werden kann. Gegen den Raubgräber hat die zuständige Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren eingeleitet, das das für ihn sehr teuer werden könnte.

Die rheinland-pfälzische Kulturministerin Doris Ahnen verurteilte die Raubgräberei auf schärfste, weil gerade im vorliegenden Fall der Wissenschaft und der Allgemeinheit ein immenser Schaden entstanden sei. Sie wies darauf hin, dass einige Stücke des spektakulären Fundes schon bald in Mainz und im Historischen Museum der Pfalz in Speyer der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollen.

Der Schatz stammt aus einer Zeit, in der das Imperium Romanum stetig schwächer wurde und zugleich Germanenvölker eine immer größere Gefahr darstellten. Die Fundumstände ähneln denen des berühmten Silberschatzes von Kaiseraugst (Schweiz). Ähnlich wie in Augusta Raurica wurde auch der Schatz von Rülzheim offenbar von seinem Besitzer in geringer Tiefe vergraben und zwar direkt bei einer alten Römerstraße. Bekannt ist, dass im Jahre 406 nach Christus das römische Militärlager VICUS JULIUS, das nicht weit vom Fundort entfernt liegt, aufgegeben wurde.

(cip-w/IID-Bereichsgruppe Mainz 18.02.2014)

   
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