Das Heidelberger Seminar für Klassische Philologie hat nach dem Tod von Sabine Grebe einen weiteren schweren Verlust erlitten. Am 9. Mai 2010 verstarb im Alter von nahezu 73 Jahren Dr. Wilfried Edelmaier, der lange Jahre als Akademischer Oberrat das Seminar wie kaum ein anderer geprägt hatte. Bei seinen ehemaligen Schülern und Kollegen löste die Nachricht von seinem Tod tiefe Betroffenheit und Trauer aus.

Welch außergewöhnlicher Mensch und Gelehrter Wilfried Edelmaier war, zeigte sich ganz besonders im Juli 2002, als im Rahmen eines rauschenden Sommerfestes ihm und seinen Kollegen Eckhard Christmann und Rudolf Kettemann eine Festschrift mit dem Titel "Studia Humanitatis ac Litterarum Trifolio Heidelbergensi dedicata" überreicht wurde. Eine Festschrift für einen Akademischen Oberrat (und zwei Akademische Direktoren)? Mehr als ungewöhnlich! Festschriften werden üblicherweise für Emeriti herausgegeben. Trotzdem hatte eine Gruppe von drei Herausgebern und 30 Autoren, allesamt ehemalige Schüler und Kollegen, es sich nicht nehmen lassen, in aufwendiger Arbeit Beiträge für genau diese Festschrift zu verfassen. Unter ihnen viele klangvolle Namen, Gelehrte, die in den Altertumswissenschaften Großes geleistet haben.

So etwas kommt nicht von ungefähr. Es sei daher gestattet, an einige Dinge zu erinnern, die Wilfried Edelmaier zu einem der ganz Großen des Heidelberger Seminars gemacht haben.

Er kannte die antike Literatur bestens und wußte sie auf unnachahmliche Art an seine Studenten weiterzugeben. Der Verfasser dieses Nachrufs erinnert sich noch heute an ein großartiges Seminar Edelmaiers über Caesars Bellum Gallicum, das er gleich zu Beginn seines Studiums erleben durfte und das ihn nachhaltig prägte. Oder an einen Lektürekurs über Horaz, in dem Edelmaier uns, seinen Studenten, in unvergleichlicher Weise die carmina des großen römischen Dichters nahebrachte.

Überhaupt seine didaktischen Fähigkeiten! Ohne jemandem nahetreten zu wollen, muß gesagt werden, daß Wilfried Edelmaier eine Fähigkeit besaß, die im akademischen Bereich nicht häufig anzutreffen ist: die Gabe, einen höchst komplexen Stoff didaktisch so geschickt darzustellen, daß ihn der Zuhörer aufnehmen und verarbeiten kann. Dabei muß unbedingt an seine zahlreichen lateinischen und griechischen Stilübungen erinnert werden, die er jedes Semester abhielt und die für alle Studierenden zum Gewinn werden konnten.

Viele Jahre lang war Wilfried Edelmaier auch für die Exkursionen des Heidelberger Seminars zuständig. Und auch da gibt es Glanzpunkte zu erwähnen, die es heute nicht mehr zu geben scheint. Der Verfasser erinnert sich noch heute an die großartige Seminarexkursion von 1986 in die Provence, die Edelmaier zusammen mit dem damaligen Heidelberger Althistoriker Bernard Holtheide organisiert hatte. Solche Exkursionen bereitete er regelmäßig bis ins kleinste Detail vor, oft reiste er auch vorher ins Exkursionsgebiet, um es genau zu erkunden und einige Zeit später die antike Kultur der jeweiligen Region seinen Studenten näherbringen zu können.

So war es auch bei jener denkwürdigen Exkursion nach Griechenland im September 1988, an der auch der große Heidelberger Gräzist Albrecht Dihle teilnahm. Es war eine wunderbare Exkursion zu den archäologisch bedeutsamen Stätten Griechenlands, die jedoch beinahe in einer Katastrophe endete. Ein Kommilitone erkrankte schwer und wohl kaum einer der Teilnehmer wird jene Nacht vom 7. auf den 8. Oktober 1988 in einem Hotel in Delphi vergessen, als ein schlimmes Unglück nur mit Mühe und vereinten Kräften verhindert werden konnte. Aber Wilfried Edelmaier meisterte in Zusammenarbeit mit seinen Studenten auch diese gefährliche (und für alle Exkursionsteilnehmer mehr als bedrückende) Situation.

"Doctorum optimo omnium" widmet eine Autorin ihren Beitrag in der erwähnten Festschrift1. Ja, er war es wirklich. Ein großartiger Gelehrter der Klassischen Philologie, der vielen vieles gegeben hat. Mit diesen Worten wollen wir von Wilfried Edelmaier Abschied nehmen. R.i.P.

Todesanzeige in der Rhein-Neckar-Zeitung Heidelberg (abgerufen am 19.05.2010, leider seit dem 12.06.2010 bei der RNZ offenbar nicht mehr verfügbar).

Studia Humanitatis ac Litterarum Trifolio Heidelbergensi dedicata: Festschrift für Eckhard Christmann, Wilfried Edelmaier und Rudolf Kettemann: Informationen bei amazon.de mit lesenswerter Rezension

1 J. Plettke: Doctor, Pater, Amicus. Die Bedeutung des Persönlichen für das Lehren und Lernen in den Satiren des Horaz. In: Studia Humanitatis ..., S. 295, Frankfurt am Main 2004.


(cip-w/IID-Bereichsgruppe Heidelberg 21.05.2010)

   
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